Sonntag, 15. Mai 2011

Cibrâil

"Cibrâil - Eine Liebe in Berlin" ist ein Film von Tor Iben (Regie, Drehbuch und Schnitt) aus dem Jahr 2011.

Cibrâil (Sinan Hancili) ist ein junger türkischstämmiger Streifenpolizist in Berlin. Er lebt mit seiner Freundin, der Galeristin Christine (Martina Hesse), in einer schönen großen Altbauwohnung. Die beiden sind ein scheinbar glückliches und harmonisches Paar, aber Cibrâil kann nicht schlafen und geht stattdessen laufen. Er trainiert für den Berlin-Marathon, aber als Zuschauer ahnt man schon bald, er läuft vor irgendetwas davon und kommt offensichtlich nicht zur Ruhe.

Eines Tages kündigt sich Christines Cousin Marco (Engin Sert), der in Rom lebt, zu Besuch an. Er will für ein paar Tage nach Berlin kommen und wird in der Zeit bei Cibrâil und Christine wohnen. Da die beiden jedoch arbeiten müssen, zieht Marco allein durch die Stadt und erkundet Berlin auf eigene Faust. Marco und Cibrâil sind sich gleich sympathisch, doch Cibrâil merkt, dass da noch mehr ist, als nur Freundschaft. Der offen schwule Marco weckt Cibrâils geheimste Begierden und es dauert nicht lange, bis beide diesen nachgeben. Kurz bevor Marco wieder abreisen will, werden sie allerdings von Christine überrascht, die daraufhin ihren Freund verlässt. Cibrâil bleibt allein zurück, verwirrt und ratlos und irgendwie verloren in der großen, nun fast leeren Wohnung. Doch dann klingelt es an der Tür...

Ich gerate mal wieder ins Schwärmen, denn das ist ein kleiner experimenteller Low Budget-Film, der wirklich sehr berührend ist. Bekannterweise habe ich ja eine Schwäche für diese kleinen Filme, wenn sie denn gut gemacht sind und eine Geschichte zu erzählen haben. In diesem Fall stimmt einfach alles, die Story ist gut, die Darsteller sind authentisch und überzeugend, ich habe ausnahmsweise mal gar nichts zu meckern. Kleiner Scherz, natürlich habe ich was zu meckern und das betrifft den Polizistenkollegen Stefan (Peter Beck), der ist wirklich ganz schlimm geraten. Ich hoffe doch sehr, das sollte nur eine Karikatur sein und ist nicht ernst gemeint, oder?

Insgesamt gesehen ist hier ein hübscher kleiner Berlin-Film entstanden, der wirklich sehr gut gelungen ist. Wie Tor Iben in einem Interview gesagt hat, ist das ein Coming-Out Drama, ohne Coming-Out, auch wenn ich ihm da widersprechen möchte, weil ich das etwas anders sehe. Die Figur des Cibrâil macht aus meiner Sicht schon eine entscheidende Wendung durch. Dass er anfangs keine Gefühle zeigen oder auch nur zulassen kann, obwohl die Leidenschaft doch in ihm brennt, sieht am Ende des Films schon ganz anders aus, auch wenn ihm sicher noch etwas der Mut fehlt, ganz zu seinem Gefühlsleben zu stehen. Wie auch immer, der Film hat mich durchaus überzeugt und ist es definitiv wert, angeschaut zu werden. Die knapp 70 Minuten Laufzeit reichen aus, eine glaubhafte Geschichte zu erzählen. Ganz großes Lob an den Regisseur und an die Darsteller, die wirklich tolle Arbeit geleistet haben. Ein schöner kleiner und absolut sehenswerter Film, dem ich viele Zuschauer wünsche.

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